Jun 162018
 

ein Kommentar von Andreas Otte

Wie zu erwarten, hat der Bauausschuss in der Sitzung am 13.06.2018 der Vergrößerung des REWE Marktes an der Holter Str. noch vor dessen Eröffnung zugestimmt.

Dass das passieren würde, war klar, die Frage war nur, wie die Begründung dafür lauten würde. Und das war in der Tat mal wieder ein Lehrstück. Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Verwaltung in erster Linie fremd-denken lässt, denn der Abwägungstext bis hin zur Beschlussempfehlung ist zum größten Teil einfach aus einer Stellungnahme der CIMA zu den Einwendungen der Öffentlichkeit kopiert worden. An zweiter Stelle ist festzuhalten, dass diese kopierten Texte von der Verwaltung offenbar nicht auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft wurden, denn sonst wären ein paar Punkte aufgefallen.

Die CIMA behauptet, der LiLi e.V. Text würde aussagen, dass wir der Ansicht seien, die Berücksichtigung der JIBI Erweiterung in den Bestandsdaten sei sachlich falsch und irreführend. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil: Die bereits im Gutachten 2015 erfolgte Berücksichtigung der Erweiterung ist das zentrale Argument gegen die Fazit-Aussage des 2017er Kurzgutachtens. In 2015 wird die geplante Erweiterung bereits berücksichtigt und auch unter dieser Berücksichtigung wird eine Gefährdung nicht ausgeschlossen. Daraus folgt direkt die Empfehlung für 1400 qm.
Das 2017er Gutachten berücksichtigt diese Erweiterung (im November 2017 noch nicht fertiggestellt und abgeschlossen!) ebenso und berücksichtigt – nach Abstimmung mit dem Fachamt, wie wir jetzt wissen – keine weiteren Änderungen in der Umgebung seit 2015. Das Kurzgutachten von 2017 kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis als das Gutachten von 2015, ohne dass diese Meinungsänderung aus den Zahlen heraus begründbar wäre. Und damit steht das Gutachten 2015 – wie von LiLI e.V. formuliert – im Widerspruch zum Gutachten 2017.
Irreführend und sachlich falsch, bzw. unseriös, haben wir die Behandlung und Deklaration der Planzahlen für die Erweiterung aus dem November 2017 als Istzahlen bezeichnet. Im November 2017 war die JIBI/COMBI Erweiterung noch nicht fertiggestellt, die Erweiterung noch nicht in Betrieb – daher konnte es zu diesem Zeitpunkt keine Istzahlen geben. Da hilft kein Drumherum reden und keine Begehung. Inzwischen kann man Informationen zu den Istzahlen erhalten (auch schon am 20.5., dem Datum der CIMA Stellungnahme): die Planerwartungen nach der Erweiterung von JIBI/COMBI sind nicht erfüllt worden. Das wäre ein wichtiges Abwägungsdetail gewesen, auf das die CIMA in ihrer Stellungnahme aber verzichtet hat. Desweiteren wäre es durchaus sinnvoll und richtig gewesen, die Änderungen im Umfeld im 2017er Gutachten zu berücksichtigen. Wegen dieser Fehlentscheidung darf man nicht nur die Kompetenz der CIMA sondern nunmehr auch die Kompetenz des Fachamtes bezweifeln.

Ein weiteres besonderes Theaterstück lieferte Jens Hartmann, der Vorsitzende des Ausschusses ab. Indem er Stellungnahmen zu den wichtigen Tagesordnungspunkten mit Satzungsbeschluss verhinderte, verstieß er meiner Meinung nach gegen die Geschäftsordnung – ein Verfahrensfehler. §14 sichert Mindestredezeit zu Tagesordnungspunkten zu. Ein Entzug von Redezeit bedarf ungebührlichen Verhaltens oder einer Würdeverletzung der Versammlung (§22). Auch Themaabschweifungen und Zwischenrufe können im Wiederholungsfall zum Wortentzug führen (§23). Diese Gründe für einen Entzug von Redezeit lagen nicht vor, lediglich Jens Hartmann zeigte – wie auch schon bei vorherigen Sitzungen des Ausschusses – ein Verhalten gegenüber Ausschussmitgliedern, welches man durchaus als ungebührlich bezeichnen kann. Ihm war offenbar jedes Mittel recht, um eine Diskussion der Abwägungstexte zu verhindern. Und das es Diskussionsbedarf gegeben hätte, zeigen die obigen Ausführungen deutlich. Ein Missverständnis – so wie Hartmann es im NW Beitrag darzustellen versuchte – war das sicher nicht. Die hier gezeigte Debattenkultur – Jens Hartmann ist leider kein Einzelfall in Oerlinghausen – lässt tief blicken. Nebenbei sei angemerkt: Ein Verfahrensfehler bewirkt – so ein Studienbuch zum Kommunalrecht – grundsätzlich die Rechtsfolge der Nichtigkeit darauf beruhender Beschlüsse.

Zum Abschluss: Warum war es klar, dass die Entscheidung so ausfallen würde, wie sie nun am 13.06. gefällt wurde? Wer die kommunalen Vorgänge in der Stadt Oerlinghausen in den letzten Jahren verfolgt hat, dem wird deutlich, dass es offenbar Abhängigkeiten und gegenseitige Verpflichtungen gibt, die den Beteiligten gelegentlich keine Freiheit bei den Entscheidungen lassen. Das hier war mal wieder ein deutlicher Hinweis in diese Richtung.

CIMA3: Abwägung der eingegangenben Anregungen zur 1. Änderung des Bebauungsplans 01/03.6b Nahversorger Holter Str., Mai 2018
LILI: Stellungnahme zur Offenlegung: 1. Änderung des Bebauungsplans 01/03.6 b „Nahversorger Holter Straße“
Stadt: Stadt Oerlinghausen – 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 01/03.6b „Nahversorger Holter Straße“ Stellungnahmen der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange sowie der Nachbarkommunen gem. §§ 2 (2), 3 (2), 4 (2) BauGB
Neue Westfälische: „Vorsitzender lehnt Stellungnahmen ab“ vom 15.06.2018
Stadt Oerlinghausen (2016): Geschäftsordnung für den Rat und die Ausschüsse der Stadt Oerlinghausen
Prof. Dr. Max-Emanuel Geis (32014): Kommunalrecht. Ein Studienbuch

 Veröffentlicht von am 16. Juni 2018